Monday, January 17, 2011

Ende und Neubeginn – An end and a beginning

Dreimal dürft ihr raten, was ich ganz schrecklich vermissen werde... ;)
No prizes for guessing what I'll be missing most... ;)


English version below


Ihr Liiiiiiieben!

Es ist Zeit für meinen letzten Blogeintrag! Meine letzte Zeit hier hat noch so einige besondere Erlebnisse für mich bereit gehalten. Eines der Dinge, die mir von hier sicher im Gedächtnis bleiben werden, ist die Feststellung, wie wichtig die spontanen, überraschenden und „einmaligen“ Freuden im Leben sind. Manche Menschen tauchen nur einmal im Leben auf, oder man genießt ein bestimmtes Erlebnis ganz besonders, und es ist keine Wiederholung notwendig oder sinnvoll, jedoch wird man diese Person oder dieses Erlebnis nie vergessen. Und zugleich kann man darauf vertrauen, dass diese „kleinen Freuden“ immer wieder im Leben auftauchen werden und einem eine gewisse Unabhängigkeit von „geplantem Glück“ bieten.

Sehr dankbar bin ich auch für die Möglichkeit, die mir hier geboten wurde, mit mehr Menschen das Zusammenleben zu erproben als je zuvor in so kurzer Zeit, und festzustellen, dass jede Beziehung neue Aufmerksamkeit dafür verlangt, was man einander zu sagen hat und wie man die Verständigung verbessern kann. Zugleich habe ich – ganz ähnlich zu dem, was ich zuvor geschrieben habe – den Wert neuer, „anfänglicher“ Beziehungen zu schätzen gelernt, bzw. die „Regeln“ für derartige Begegnungen besser verstanden. Einen Teil dieser gegenseitigen Unabhängigkeit und Freiheit sollte man sich vielleicht auch in langfristigen Beziehungen bewahren. Dazu gleich ein Zitat aus dem Buch „Once minutos“ (Elf Minuten) von Paulo Coelho, das ich hier von Jenny ausgeliehen und sehr zu lesen genossen habe.

„No se puede decir a la primavera: ‚Ojalá que llegues pronto, y que dures bastante.‘ Sólo se puede decir: ‚Ven, bedíceme con tu esperanza, y quédate todo el tiempo que puedas.“

(„Man kann zum Frühling nicht sagen: ‚Hoffentlich kommst du bald, und hältst lange an.‘ Man kann nur sagen: ‚Komm, segne mich mit deiner Hoffnung, und bleib, so lange du nur kannst.“)

Unser Silvester ist übrigens nicht so gelungen verlaufen wie unser Weihnachten, aber nachdem ich an beides keine Erwartungen gehabt hatte, hat das besondere Weihnachtsfest mich weitaus mehr positiv überrascht als Silvester mich enttäuscht hätte. Das Problem war gewesen, dass wir uns mit einer Horde Peace Corps – Jungs verabredet hatten, von denen wir eigentlich nur Guy gekannt hatten, der sich dann aber um seine Verlobte hatte kümmern müssen, der es an diesem Abend nicht gut ging. Immerhin haben Jenny und ich dann aber mitternachts einen Brauch gepflegt, den sie aus Spanien kennt, bei dem man 12 Trauben isst, für jeden Monat des neuen Jahres eine, und sich bei jeder etwas wünschen darf. :)

Vor Silvester haben wir übrigens noch Guy in seiner Community besucht, die noch ein ganzes Stück abgelegener ist als unser Haus, und wo er auch weder fließend Wasser noch Strom hat (und die man nur erreicht, indem man einen Fluss durchwatet, wer hätte es gedacht? ;) ), dafür ein wunderhübsches Häuschen in einer ebenso hübschen Landschaft, durch die wir spaziert und lange Gespräche mit verschiedenen „campesinos“ (auf dem Land lebenden Leuten) geführt haben. Als wir wieder zurück kamen, kam mir unsere Wohnlage ungewohnt „zentral“ vor. :D Irgendwann war unser Gespräch übrigens auf Janosch gekommen, und Jenny musste ihm die gesamte Geschichte von vorne bis hinten erzählen (was sie gerne und überzeugend tat), und er bedauerte es sehr, dass wir ihm kein „Anschauexemplar“ bieten konnten, weil er sich so eine Tigerente einfach nicht recht vorstellen konnte. Umso praktischer, dass Anna, die wir ja am Tag vor Neujahr vom Flughafen abgeholt hatten, tatsächlich eine Holztigerente mitgebracht hat! :) Ich hätte mich biegen können vor Lachen, als sie diese an Silvester vor Guy und seiner Verlobten, die er ja in derselben Nacht abholt hatte, auspackte und er mit absolut unnachahmlicher Begeisterung fast einen Luftsprung machte und „a tiger duck!!“ rief, woraufhin ihn seine Verlobte nur sehr schräg von der Seite ansah und sich zu fragen schien, ob er durch das Zusammensein mit uns absolut den Verstand verloren hatte... :D

Inzwischen haben wir übrigens auch neue Nachbarn in dem Stockwerk über uns - wo früher Cary gewohnt hat (der vom Peace Corps, der uns seine Bücher vemacht hat), wohnen nun neun (!) Panameños, die hier im Dorf eine Bank bauen. Einige von ihnen kommen uns manchmal auf unserer Terrasse besuchen, und Jenny nutzte gleich ihre „Langeweile“, über die sie klagten, um Probeinterviews mit ihnen zu machen. Ich muss sagen, ich war mal wieder beeindruckt über die Intelligenz und Weltoffenheit mancher Menschen hier. Es ist ja nicht so, dass ich das den Leuten hier nicht zutrauen würde, aber es gibt wie überall in der Welt solche und solche, und überall beeindrucken mich die Menschen, die so interessiert an anderen Kulturen sind und über so vieles tiefes Verständnis für Zusammenhänge verfügen, mit denen sie in ihren Leben nicht unbedingt konfrontiert werden. Was hier auch noch eine „Besonderheit“ ist, ist die Tatsache, dass nicht wie bei uns Intelligenz, sondern Geld über Bildung entscheidet, sodass man oft den einfachsten Leuten begegnet, die nur die minimalste Schulbildung besitzen, obwohl sie mit ihrem Grips bei uns vermutlich gerade ihre Doktorarbeit schreiben würden...

Ein weiteres sehr schönes Erlebnis hier war eine neuerliche Einladung unserer „Supermarkt-Familie“ (das klingt immer ein bisschen blöd, tatsächlich sind das echt Leute, die es weit gebracht haben hier), zu der auch eine Gruppe US-Amerikaner eingeladen war, die von derselben Gemeinde wie der hiesige Pfarrer (dem man seine Wurzeln aber gar nicht anmerkt – er könnte auch Panameño sein!) in Wisconsin stammen und immer mal wieder für einige Tage herkommen, um etwas Wohltätiges zu tun, diesmal haben sie wohl einen Damm für die Trinkwasserversorgung gebaut. Ich stürzte mich auf einen von ihnen, der ein T-Shirt mit Schwedenflagge trug, und der tatsächlich freiwillig Schwedisch in der Schule gelernt hatte , sodass ich mich in meinem üblichen „Svenskañol“, das derzeit immer aus meinem Mund kommt, wenn ich Schwedisch sprechen will, unterhalten konnte. :)

Bezüglich des Pfarrers erlebte ich allerdings einen ziemlichen Schock, als wir vergangenen Sonntag zu einem Gottesdienst in einem Emberá-Dorf (einer der Stämme Panamas) miteingeladen wurden, bei dem auch eine Tauf-Großaktion anstand (hierzulande gibt es ja ein paar mehr Kinder als bei uns ;) ). Nachdem der Pfarrer schließlich um Punkt 10 eingetrudelt war (die Messe sollte um 9 Uhr beginnen – aber daran gewöhnt man sich hier ;)), hielt er einen seeehr langen Gottesdienst ab, in dem er die Besucher daran erinnerte, dass sie jeden Tag beten und jeden Sonntag in die Kirche gehen müssen, um nicht in der Hölle zu landen, es ihnen besser als den Behinderten, Blinden und Tauben da draussen ginge, weil sie eben in der Kirche seien, ihnen eine gute Entwicklung des Dorfes nur garantiert sei, wenn sie gute Christen seien etc. etc... Am Abend zuvor hatte ich mich noch eher gelassen an der Missions-Diskussion auf unserer Terrasse beteiligt, aber inzwischen muss ich sagen, dass auch ich es wirklich bedenklich finde, wenn eine einzige Person die Kirche in einer ganzen Region repräsentiert und Menschen in dieser Weise zu beeinflussen versucht. Immerhin war die Kirche aber sehr schön gebaut (ähnlich wie manche, die ich in Uganda gesehen habe) und zudem sehr hübsch mit lokalen Blumen und geflochtenen Palmwedeln geschmückt.

Nun ist dieses Abenteuer also genau zu Beginn eines neues Jahres ans Ende gelangt. Ich danke euch allen für eure wundervolle Begleitung auf dieser inneren und äußeren Reise und dafür, mich den Wert der „langfristigen“ Beziehungen erkennen zu lassen.

Fühlt euch alle umarmt und lasst euch bald wirklich von mir knuddeln! :)

ALLES ALLES LIEBE!

Eure Johanna

PS: Für manche Dinge, die zu erzählen ich keine Zeit mehr hatte, lasse ich die Bilder sprechen...


Flussüberquerung auf dem Weg zu Guy
Fording the river on our way to Guy's

Guys Häuschen
Guy's home
Der Nationalpark "Metropolitana" inmitten von Panama Stadt
The national park "Metropolitana" in the middle of Panama City


Johanna (und Tigerente ;) ) neben tropischen Stelzwurzeln
Johanna (and tiger duck ;) ) next to tropical stilt roots

Ausblick auf Panama City
View on Panama City

Typisches Bild von Casco Viejo aus
Typical view from Casco Viejo


In der Hängematte arbeitet sich's leichter :)
That's a more relaxed way to work :)

Nochmal Fluss - diesmal der in der Nähe unseren Hauses
Another river - this time close to our house

Vor dem geschmückten Kircheneingang
In front of the decorated church entry





Dear friends

It is time for my last blog entry! On my final days here I’ve been having another few special experiences. One of the realizations which I won’t forget is the importance of spontaneous, surprising and "single" joys in life. Some people appear only once in life, or one can enjoy a particular experience with them, and no repetition is necessary or appropriate, but one will never forget that person or experience. At the same time you can be confident that these "little pleasures" will appear again and again in life and provide you with a certain independence of “planned happiness”.

I am very grateful for the opportunity that I was offered here to live together with more different people than ever before in such a short time, and to learn that any connection demands new attention for what you may communicate to each other and how one can improve mutual understanding. At the same time I have - very similarly to what I wrote before – come to appreciate the value of new, "incipient" relationships and to better understand the “rules” of such encounters. Perhaps one should preserve part of this mutual independence and freedom even in long-term relationships. This reminds me of a quote from the book "Once Minutos" (Eleven Minutes) by Paulo Coelho, which I had borrowed from Jenny and greatly enjoyed reading.



„No se puede decir a la primavera: ‚Ojalá que llegues pronto, y que dures bastante.‘ Sólo se puede decir: ‚Ven, bedíceme con tu esperanza, y quédate todo el tiempo que puedas.“

("You cannot say to spring: ‘Hopefully you’ll come soon, and last for a long time.’ You can only say: ‘Come, bless me with your hope, and stay as long as you can.")


Our New Year’s Eve didn’t work out as successfully as Christmas Eve, but since I hadn’t expected anything from either of them, our Christmas celebrations surprised me far more positively than New Year's Eve disappointed me. The problem had been that we had arranged to meet with a bunch of Peace Corps people of whom we had really only known Guy, who had then to take care of his fiancée who didn’t feel very well that evening. However, Jenny introduced me to a custom at midnight which she knows from Spain, which is to eat 12 grapes (one for each month of the new year) and to make a wish with each one. :)

Before New Year’s we had gone to visit Guy in his community which is quite a bit further off than our house and where there is neither running water nor electricity (and which can only be reached by fording a river, who would have thought it ? ;) ), but where he’s living in a beautiful hut in an equally beautiful landscape through which we went for walks and had long conversations with various “campesinos” (people living in the country). When we had returned home our house seemed to be situated unusually “central” to me. :D At some point our conversation got onto Janosch, by the way, and Jenny had to tell the whole story from beginning to end (which she did happily and convincingly), and he regretted very much that we couldn’t show him some kind of “visual aid” because he just couldn’t imagine a “tiger duck”. So it was good luck that Anna whom we had picked up on the day before New Year’s has actually brought a wooden tiger duck! :) I almost died laughing when she presented it to Guy and his fiancée (whom he had picked up the same night) on New Year's Eve, and he jumped with joy and exclaimed “a tiger duck!” with inimitable enthusiasm, whereupon his fiancee frowned at him and seemed to wonder whether he had lost his mind completely by being together with us... : D

By the way, we’ve been having new neighbors in the floor above us for a while now, where Cary had previously been living (the one from the Peace Corps who had left his books to us) - nine (!) Panameños who are here to build a bank for the village. Some of them come to visit us on our terrace sometimes, and Jenny took advantage of their “boredom” about which they were complaining by practising her interviews with them. I must say that I was again impressed by the intelligence and open-mindedness of some people here. It's not at all that I’d think people here weren’t intelligent, but as everywhere else it takes all sorts, and wherever I go, I’m impressed by those who are interested in other cultures and show a deep understanding for coherences which they normally don’t encounter in their own lives. What is also a peculiarity about here is the fact that opposed to our western countries it is not intelligence, but money that is the decisive factor on education, so that one often meets the simplest of people who have only the most basic education, although with their brains they would probably currently be writing their doctoral theses in our countries...

Another very nice experience was another invitation by our “supermarket family” (that always sounds a bit mistakable, actually these are people who’ve really come a long way), who had also invited a group of US-Americans who are from the same community in Wisconsin as the local priest (which one wouldn’t guess - he seems very Panamanian) and who come here from time to time for a few days to do some charity work, this time they built a dam to supply drinking water. I darted at one of them  who was wearing a T-shirt with the Swedish flag and who had in fact voluntarily learnt Swedish at school, so I talked to him in my usual “Svenskañol” which is what currently comes out of my mouth whenever I try to speak Swedish. :)

With regard to the pastor, however, I experienced quite a shock when were we were invited to a church service in an Emberá village (one of the tribes of Panama) on Sunday, in which also a big “baptismal event” took place (there are indeed a few more children here than in our countries ;) ). After the pastor had finally arrived at 10 am (the mass was to begin at 9 am - but you get used to that here ;) ), he held a very very long service, in which he reminded the visitors that they must pray every day and go to church every Sunday in order not to end up in hell, that they’d be better off than the disabled, the blind and deaf out there because they had gone to church, that a good development of the village would only be guaranteed if they were good Christians and so on... The night before I had participated in our discussion on missionaries on our patio rather equanimously, but now I have to say that I’m finding it really worrying when one single person represents the church in a whole region and trys to influence people in this way. But at least the church had a very nice architecture (like some I've seen in Uganda) and was also very nicely decorated with local flowers and woven palm fronds.

So this journey has come to an end right at the beginning of a new year. I’d like to thank you all for your wunderful support on this internal and external journey and for making me realise the value of long-term relationships.

I’m sending you virtual hugs and will soon be giving you real ones! :)

With LOVE!

Johanna

PS: I didn't manage to mention all our trips, but I'll let the pictures speak for themselves...